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Trauer und Trost

  • Autorenbild: Bruno Rauch
    Bruno Rauch
  • 1. Mai 2021
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Nov. 2023

Ungewöhnliche Zeiten verlangen ungewöhnliche Massnahmen. Und sie eröffnen auch ungewohnte Sehweisen und Hörerlebnisse. Das Zürcher Opernhaus hat es mit dem Streaming von Johannes Brahms’ «Deutschem Requiem» in Zeiten der Corona.Restriktionen einmal mehr vorgeführt. «Es ist ein ganz gewaltiges Stück, ergreift den ganzen Menschen in einer Weise wie wenig Anderes. Der tiefe Ernst, vereint mit allem Zauber der Poesie, wirkt ganz wunderbar, erschüttern und besänftigend.» Diese Worte schrieb Clara Schumann, als ihr Brahms die Partitur seiner Totenmesse zukommen liess.

Die Aufführung durch den Chor des Opernhauses und Mitglieder der Zürcher Sing-Akademie bestätigen diese Einschätzung eindrücklich. Der Chor – die Frauen verteilt im Parkett, die Männer auf der Parkett-Galerie und im ersten Rang – formte das ganze Haus zu einem grossartigen Klangraum. Die hervorragende Philharmonia Zürich, platziert auf der Bühne unter dem offenen Portal, wurde geleitet von Gianandrea Noseda, dem designierten GMD des Opernhauses. Und er tat dies mit ausgreifenden, umspannenden Gesten, um die grossen Entfernungen zu erfassen, zur stringenten Einheit zu bündeln und zusammenzuschweissen; allein diese koordinatorische Meisterleistung verdient höchsten Respekt. Auf diese Weise ist eine hochdifferenzierte Ausgestaltung, gleichermassen getragen von Leidenschaft wie von Innigkeit gelungen. Es scheint fast, als ob die verordnete konzertante und chorische Abstinenz zusätzlich Kräfte der Intensität freigelegt hätte, die sich in subtilen dynamischen Abstufungen, aufgewühlter Dramatik und lyrischer Entspannung manifestierte. Nahtlos ins imposante chorische Geschehen fügten sich auch die beiden Solostimmen: der schwerlose, lichte Sopran der (kurzfristig eingesprungenen) Lydia Teuscher und der agile Bariton von Konstantin Shushakov. Nicht unerwähnt soll auch die stimmige, unaufgeregte Kameraführung bleiben.

Fazit: eine überzeugende Gesamtinterpretation eines Werks, das – mit seiner Aussage zwischen Resignation und Hoffnung, Trauer und Trost oszillierend – ganz hervorragend in die aktuelle Zeit passt. Und darüber hinaus ein aussergewöhnliches Erlebnis für Auge und Ohr bietet.

Bilder: @ Screenshohts -arte-

01. 05. 2031



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